In meiner fast 30-jährigen Selbständigkeit hatte ich nie die Hoffnung aufgegeben, irgendwann mal den bestehenden Betrieb weitergeben zu können. Dazu gehörten auch die Verzweiflungsversuche, den eigenen Kindern oder den Schwiegersöhnen in spe die Sache schmackhaft zu machen. Letztendlich ist es aber heute für mich mehr als in Ordnung, das die Kinder das machen, wo sie selbst ihre Berufung drin sehen. Die Zeiten, die wir miteinander gearbeitet haben, tragen wir heute in guter Erinnerung – kein Wunder, sind sie auch schon lange vorbei.
Doch ist es ganz einfach so (und nur schwerlich zu akzeptieren), das Menschen, die die Bereitschaft und Fähigkeiten in sich tragen, einen kleinen Dienstleistungsbetrieb durch die nicht immer stillen Wasser des Marktes zu manövrieren, es entweder mit ihrem eigenen Betrieb versuchen oder sich in mittleren/ größeren Betrieben auf die ersten Sprossen der Karriereleiter gestellt haben.
Ich habe allein in den letzten 2 Jahren wieder so viel Deprimierendes in dem Versuch einer adäquaten Unterstützung erlebt, das ich geneigt bin zu sagen:
Deutschland schafft sich nicht wegen Immigratinsproblemen ab, sondern weil für die Klein- und Mittelbetriebe keine ausreichenden Fachkräfte zur Verfügung stehen.
Ich müsste Psychologe sein und kein kaufmännischer Geschäftsführer? Aber wer macht dann das kaufmännische mit all dem unendlichen administrativen Belastungskram? Als Psychologe würden mir vielleicht andere Motivationsmöglichkeiten als finanzielle Anreize einfallen.
Geld! Das war früher einmal möglich. Heute? Wenn ich heute einer Bürokraft sage, wir reduzieren mal vorübergehend Stunden ( auch weil die Leistung nicht stimmt) bekomme ich zur Antwort: Kein Problem. Sie müssen dann nur für die ARGE den Wohngeldantrag unterschreiben, und dann bekomme ich genau so viel, wie ehedem. Und wie viel ist das, frage ich?
Etwas über 2.500,– Euro N E T T O !!!, bekomme ich zur Antwort. (Ein vierköpfiger Haushalt). Das entspricht ca. einem Bruttoeinkommen von 4.000,– Euro, wenn`s reicht. Hallo, das waren, ob das jetzt jemandem gefällt oder nicht, vor wenigen Jahren noch:
8.000,– DM:
Bei diesem Betrag ist der Leistungs-Motivationsfaktor ja noch = 0!. Also, was soll ich denn bezahlen, um dann auch noch eine Leistung anfordern zu können? Das ist z.B. nur eine Geschichte von vielen. Weitere erlebte Geschichten sind noch frustrierender, als diese hier.
Bei all dem klagen möchte ich aber nicht versäumen, auch von den wirklich guten Teams zu schreiben. Sie sind im techn. Bereich tätig und ich bin sehr dankbar, mit ihnen zusammen arbeiten zu können. Aber für einen langfristigen Arbeitsplatz sind sie einfach darauf angewiesen, das das Rad am rollen bleibt.
Und wenn für mich der Traum aus ist, dann ist er es auch leider für sie. Das ist so schade und ich sehe keine Möglichkeit, dies aus eigener Kraft ändern zu können.
Hi Herr „gemeinsamleben“!
Irgendwie ist das doof mit diesem Skelett. Ein Gesicht hat mir doch wesentlich besser gefallen als dieses, bis auf die Knochen, abgemagerte Skelett.
Zu deinem Beitrag hätte ich sehr viel zu sagen weil, so wie ich das beim Lesen feststelle, uns sehr ähnliche Gedanken beschäftigen. 2.500,00 Euro N E T T O sind für mich sehr viel Geld, die es erst einmal zu verdienen gilt.
Unseren Kindern sollten wir die Freiheit gönnen, die wir selbst vielleicht nicht gehabt haben. Ich freu‘ mich heute sehr diesen Sprung, wenn auch in meinen Augen viel zu spät, geschafft zu haben.
Hallo Christa, schön, von dir zu lesen.
Mein Skelett, bitte verzeih, brauche ich noch einige Zeit. Es steht für mich irgendwie als Protest, als Metapher, für den gläsernen Bürger, deren Bankkonten auf Knopfdruck von allen Behörden abrufbar sind, von Google, die alles speichern und alle unsere Internet Schritte verfolgen, weil wir Geld in Form von Werbung sind…..
Doch, und auch dafür steht mein Skelett, je mehr sie mich ausziehen, und das mag bis auf die Knochen sein, je unkenntlicher werde ich.
Ich werde es selbstverständlich wieder ändern, aber noch ein bisschen Protest, brauche ich irgendwie im Moment 🙂
Na dann, viel Spaß beim Strip 😀
Lieber Menachem,
das zieht sich wie ein roter Faden durch diese Gesellschaft. Ich kann Dich nur zu gut verstehen. Ich hatte heute meinen letzten Arbeitstag, mit 56, die Firma hat meinen Platz wegrationalisiert. Einerseits traf sich das sehr günstig, weil ich dort unglücklich war, andererseits „darf“ ich mir nun etwas Neues suchen.
Gehe ich zur Zeitarbeit, verdiene ich dort genauso viel, als ob ich Arbeitslosengeld hätte. Nur, dieses bekomme ich aufgrund meines Alters 18 Monate, und dann?
Ich wäre mein Leben lang so gerne selbständig gewesen, dazu hat mir aber immer der Mut gefehlt.
Ich habe sogar Verständnis mit Deiner Mitarbeiterin – die Zeiten haben sich schlicht und ergreifend gewandelt.
Ich hoffe – nicht nur für mich – aber für uns alle, dass das Grundeinkommen Einzug hält, in Deutschland, aber glauben tu ich auch nicht wirklich daran.
Liebe Grüße von Dori
Zuerst hatte ich diesen Beitrag: „Jammern auf hohem Niveau“ ganannt, @Dori, was in Bezug auf deinen Kommentar wohl zutreffender gewesen wäre.
Aber warum sollten wir nicht einfach an die Kraft des Universum`s glauben, die es schon gut für uns richten wird, für dich – und für mich.
Ich komme darauf, weil ich nochmals in deinem Betrag „Angst essen Seelen auf“ geschaut habe und ich schon verwundert darüber bin, wie du ausgerechnet heute auf diese Seite und diesen Beitrag kommst. Fassbinder war ja schon toll, aber Brecht, den ich erst in den letzten Monaten sehr zu schätzen gelernt habe, hat es verstanden, in nur wenigen Worten uns „tief bewegendes“ auszudrücken.
Ich glaube vielleicht, das ich in dem hier geschriebenen Beitrag auch versuche, loszulassen – von einem Traum. Der Hoffnung auf eine gesicherte Existenz – in meinem Fall gewährleistet durch einen Nachfolger.
In diesem Traum drückt sich auch gleichzeitig die Angst aus, keinen Nachfolger zu finden, und das ist die Angst – die Seelen frißt, verdirbt, unmenschlich macht.
Vielleicht ist das uns immer wieder von Guru`s empfohlene Loslassen keine Kunst, soindern einfach das Nicht-mehr-wollen unserer erschöpften Seele, der die Kraft zum krampfhaften Festhalten ausgegangen ist.
Ich wünsche dir für deine nächste Zeit viel Glaubenskraft – an dich selbst und danke für deinen (zufälligen?) Besuch.
LG, Menachem
Hallo Menachem,
ich kann deinen Frust verstehen, auch wenn ich keine Verwaltungskraft kenne (ausser im öff.Dienst höhere Laufbahn) der so ein Gehalt bekommt.
Was die Kinder betrifft, so ist es gut, dass du inzwischen damit leben kannst,dass diese deine Arbeit nicht fortführen. Es wäre doch auch niemandem geholfen,wenn es jemand machen würde der eigentlich nicht dahinter steht, auf Dauer würde das die Firma auch kaputt machen.
Die Unterstützung für den Mittelstand, da gebe ich dir recht sind katastrophal und ich rede nicht nur vom Geld. Unsere Wirtschaft wird es irgendwann bitter bereuen den Mittelstand so vernachlässigt zu haben! Ich hatte für kurze Zeit selber eine kleine Firma und musste leider das Handtuch werfen-bin nun gerade durch meine Regelinsolvenz durch! War nicht lustig, aber das Leben geht weiter und ich habe zum Glück damals gleich wieder eine Stelle gefunden, die mir Spaß macht und wo meine Arbeit geschätzt wird.
Wichtig ist doch, dass du für dich weißt du hast den besten Beruf gehabt den du für dich wolltest.
Angelika
Angelika, meine Regelinsolvenz ist nun seit drei Jahren abgeschlossen. Das beste, was mir für das Geschäftsleben im Kleinbetrieb passieren konnte. Damit befinden wir uns in bester Gesellschaft. Das passiert einem Karstadt, wie auch Griechenland und Amerika macht heute morgen auch nicht mehr die beste Figur. Doch das beste daran ist:
Mich ruft keine Bank mehr am Monatsende und fragt, wann die fällige Rate überwiesen wird. Ich bekomme gar keine Kredite oder ähnliches mehr. Maximal noch ein Handy, prepaid und damit lässt sich wunderbar abends einschlafen.
Und gesamt gesehen gebe ich dir auch darin Recht, ja, es ist mein Traumjob den ich mache, indem ich mir wohl öfters mal Unterstützung wünsche würde – aber gut, man kann nicht alles haben.
Und wenn Arbeit geschätzt wird, so wie du es auch schreibst, dann geht man auch gerne in den Tag. Also, passt scho!
Weiterhin gute Zeit wünscht dir,
Menachem
[…] sie bedrohen auch den sozialen Frieden. Es ist die Angst, die unmenschlich macht, schreibt Menachem in einem […]