Es gibt dieser Tage nur wenig Gewissheiten und Hoffnungen, die alle an einem seidenen Faden hängen. Eine dieser Hoffnungen ist, dass Putin diesen Krieg gegen die Ukraine bereits verloren hat, selbst, wenn er ihn im militärischen Sinn gewinnt. Die Ukrainer werden weiterkämpfen, weil sie sich nicht mehr der Putin`schen Sowjetdiktatur unterwerfen wollen.
Was wissen wir?
Wir wissen mittlerweile, mit welchen Mitteln und Methoden Putin jede freie Meinungsäußerung unterdrückt. Auf der Straße und in den Medien. Mit bis zu 15 Jahren Haft.
Und wir können auch davon ausgehen, dass eine von Putin abgenickte Ukraine-Regierung neue Dekrete aufsetzen wird, die diese in Russland erfolgreich eingesetzten Repressalien anwenden wird und muss. Brutal und langfristig. Bis alles im Keim erstickt ist. Angst! Das diktatorische Erfolgs- Überlebenskonzept.
Das ist meiner Meinung nach die/eine Langfrist-Strategie von Putin. Und das er in langfristigen Räumen denkt, auch das sollten wir mittlerweile verstanden haben. Ob er dies allerdings auch alles noch er-/oder überlebt, dass wird in den zukünftigen Geschichtsbücher nachzulesen sein.
Wenn die Ukraine diesen Krieg nicht gewinnt, wird sie für lange Zeit im europäischen Raum nicht mehr sichtbar sein. Das wissen die Ukrainer.
Gott beschütze die Ukraine. Die unverschuldet in Geiselhaft genommenen Russen. Uns alle.
Shalom
Hongkong vielleicht nicht. Dort haben die Chinesen ja (fast) alles ruhiggestellt. Die Opposition wird von den Repressionen des Regimes zerdrückt. Was uns bevorstehen könnte (der Menschheit), dass wir erleben müssen, wie das Regime Taiwan „Heim ins Reich“ holt. Das würde ein nächster großer Krieg, der erwartungsgemäß schreckliche Opfer kosten würde.
Es ist wirklich beeindruckend, wie sich die Ukraine gegen Putins Russland auflehnt und kämpft. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie groß der Freiheitsdrang der Menschen in diesem Land ist. Ich versuche mir vorzustellen, wie es wäre, wenn unser Land von einer Übermacht überfallen würde und wie unser Kampf gegen einen solchen Aggressor aussähe. Ich vermute eher, dass es weiße Fahnen wären, mit denen wir ihm entgegentreten würden. Man hat uns abgewöhnt, für irgendwas mit allem, was wir haben, einzutreten. Vielleicht ist das ja sogar gut so. Ich traue mich nicht zu, das abschließend zu bewerten. Jedenfalls glaube ich, im Fall des Falles, wir hätten in dieser Lage längst kapituliert. Und ich meine das gar nicht negativ oder abwertend. Wir haben nicht die Einstellung und die Opferbereitschaft, die dort zu beobachten ist.
Leider bin ich nicht so optimistisch, dass ich Putin in diesem Fall schon als Verlierer sehen würde. Moralisch hat er diesen Krieg verloren. Wenn man bedenkt, dass fast die ganze Welt gegen ihn ist. Aber am Ende wird die enorme Machtfülle dieses Repressionsapparates vielleicht doch über die freiheitsliebenden Ukrainer siegen. Wie sonst ließen sich all die Regime auf der Welt erklären, die nur mit Unterdrückung über Jahrzehnte an der Macht geblieben sind. Denk an den arabischen Frühling. Heute reden wir, fast ein wenig schamerfüllt, gar nicht mehr darüber. Wir hatten die Idee, dass diese Aufstände zu etwas Gutem führen würden. Syrien ist nur ein Opfer, Libyen und Ägypten weitere. Dazu gibt es China, Kuba, einige Länder in Südamerika, Nordkorea oder Saudi Arabien und andere. Alles Diktaturen ohne Menschenrechte, ohne die Werte, für die wir angeblich einstehen. Nein, der Vorstoß Putin könnte sogar Schule machen. Da denke ich vor allem an die Chinesen, die auf höchster Ebene mit Russland eine Art Verabredung getroffen zu haben scheinen. Die Diktatoren erkennen, wie leicht es – trotz moderner Kommunikationsmittel ist – die Menschen dumm zu halten. Und das ist der Anfang vom Ende. Auch, weil zu viele sich nicht um die Kanäle zu kümmern scheinen, aus denen man wenigstens etwas objektivere Informationen entnehmen könnte. Die Russen schauen ihre staatlichen TV-Programme und interessieren sich offenbar zu wenig für alternative Informationsquellen. Zudem gibt es Loyalitäten (Nationalismus gehört als Quelle hinzu), die nicht einfach durch Informationen „von der falschen Seite“ zu entkräften sind.
Ich danke dir sehr für deinen ausführlichen und interessanten Kommentar, @Horst, den ich darüber hinaus auch als sehr offen und ehrlich empfinde. Nicht zuletzt über deine Gedanken zu unserer Bereitschaft für Werte,- und für diese auch einzustehen und Opfer zu bringen.
Manchmal habe ich das Gefühl, das ich vor einem verschlossenen Raum stehe, hinter dem sich Mitmenschen versammelt haben, die ganz anders denken und handeln als ich. Und so sehr ich mich bemühe, in diesen Raum einzutreten, es gelingt mir einfach nicht, weil die Türe verschlossen bleibt. Ich den Schlüssel nicht finden kann, der mir diese Türe öffnet.
Mit deinen oben ausgeführten Gedanken, auch zur Freiheit, gelingt es mir nun doch, die Türe einen Spalt zu öffnen. Meine Werte, Gedanken, Ideale,- wie auch Schwächen und Stärken,- sind MEINE. Wobei Stärken durchaus Schwächen sein können, wie auch umgekehrt. Sie sind nicht generell und universal und situationsbezogen kann heute falsch sein, was mir gestern noch als richtig erschien.
So vermute ich mal, aus der Zeit in der wir uns bisher kennen, dass wir beide uns unterschiedlich zur Freiheit disponieren. Ich hatte in meiner Kindheit und bis ins jugendliche Alter von 22-24 Jahren einen nur sehr kleinen Freiheitsraum. Wie ein Bodybuilder habe ich mir über viele, viele Jahre Stärke antrainiert, um mich aus diesem engen Raum heraus zu bewegen. Dieses erarbeitete Terrain gebe ich so schnell nicht wieder her. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es in deiner Kindheit und Jugend anders war. Das du immer ausreichend Luft zum atmen hattest. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Ist auch nicht so wichtig, denn ich meine schon das zu verstehen ist, was ich meine.
Und so unterscheiden wir uns in unserem europäischen Raum auch möglicherweise zu den slawischen Völkern, wozu ich die Ukraine jetzt mall mit zählen würde. Das betrifft ja nicht nur die Einstellung zur Freiheit, sondern die gesamte Mentalität dieser Volksgruppen, die sich wahrscheinlich in vielem von der unsrigen unterscheidet. Das macht die aktuelle Ukraine – Situation komplizierter, da wir nicht nur neutrale Betrachter sein können, sondern mittlerweile als Akteure einbezogen sind.